POSITIONEN

Menschlichkeit. Empathie. Solidarität.

„Viele von uns, mit den unterschiedlichsten sozialen, kulturellen und ideologischen Hintergründen, haben begriffen, dass der Status Quo nicht länger haltbar ist. Wir wollen den Lauf der Dinge ändern und die demokratischen Institutionen dabei nicht schwächen, sondern stärken. Wir wollen wieder ein „Wir“ sein, statt vieler „Ichs“ … Wir spüren, dass die Politik wieder in die Kommandozentrale des Staates und ins Zentrum unseres Lebens zurückkehren muss. Wir wollen die Kontrolle über unser gemeinsames Schicksal zurückerobern.“

Raphaёl Gucksmann

Linke Politik richtet sich an all jene Menschen, die vergessen oder verdrängt worden sind. Linke Politik richtet sich an all jene, die aus ihrer sozialen Abhängigkeit heraus kaum die Möglichkeit haben, an ihrer Situation etwas zu verändern. Linke Politik richtet sich an alle, die sich für Offenheit und Toleranz, für unser Klima – gesellschaftlich wie ökologisch -, für Solidarität und Mitmenschlichkeit einsetzen und dafür bereit sind auf die Straße zu gehen. Linke Politik richtet sich an all jene Menschen, die aufgrund ihrer Identität, ihrer Herkunft, ihrer sozialen Situation an den Rand des gesellschaftlichen Lebens gedrängt werden. Linke Politik richtet sich an alle, die nicht gehört werden, deren Stimmen untergehen im Meinungskampf. Linke Politik ist Solidarität, ist Gerechtigkeit, ist Chancengleichheit.

Mein linkes Selbstverständnis beginnt und endet beim großen Wir. Wir, dass sind die Arbeitenden in Industrie, Handwerk und Dienstleistung, das sind Pflegende, das sind Rentnerinnen und Rentner, das sind Kunst- und Kulturschaffende und ehrenamtlich Engagierte, Studierende und Klimaschützende, das sind Schülerinnen und Schüler, das sind Mütter und Väter, das sind Empfängerinnen und Empfänger von Hartz IV, Pendlerinnen und Pendler, Lehrerinnen und Lehrer, Kassiererinnen und Kassierer, das sind in Gewerkschaften organisierte Menschen, das sind Lokführerinnen und -führer, das sind Reinigungskräfte, das sind jene, die uns die Pakete und Post oder die Essenslieferung nach Hause bringen und das sind die Bibliothekarinnen und Bibliothekare, Musikschullehrende und das sind Schutzsuchende vor Verfolgung, Krieg und Hunger und so viele mehr.

Und Linke Politik wird nicht aufhören, all jene anzuklagen, die rücksichtslos und auf Kosten ihrer Mitmenschen und unserer Umwelt ungebremst nach maximalen Profit streben. All jene, die trotz globaler Krisen jeden Tag noch ein Stück reicher und reicher werden. Jene, die es sich leisten können auf Politikerinnen und Politiker Einfluss zu üben, um Gesetze nach ihrem Willen durchzusetzen. Aber Linke Politik richtet sich auch gegen jene, die meinen ihre Freiheit stünde meilenweit über der Freiheit aller anderen: gegen Rassismus, gegen Faschismus, gegen Ausgrenzung und Nationalistisches Denken.

Statt unbeteiligt zuzusehen wie sich grenzenloser Wachstum im wahrsten Sinne des Wortes zuspitzt und nur Vereinzelte davon profitieren, wird Linke Politik dafür sorgen, das Wachstum gleichmäßiger auf breiten Schultern verteilt und nicht zu Lasten unserer Umwelt gestaltet wird.

Mein bisheriges Leben und Arbeiten in der Kultur hat mich für Solidarität, gemeinsames Erleben, Empathie, für fantasievolles, alternatives Denken sensibilisiert. Es hat mich sensibilisiert für eine Gegenwart, die nur noch das Ich zu kennen scheint, die vergessen hat, dass es noch ein Wir gibt, die nur noch Wachstum kennt, Ausbeutung legitimiert, Gewalt als Notwendigkeit der Wirtschaftlichkeit toleriert, die Empörung aber kein Verständnis kennt, die unfähig zu sein scheint, einem anderen den gleichen Wert zuzugestehen, wenn er, wenn sie von der eigenen Norm und Lebensweise abweicht. In der Ellenbogen die Waffe und Solidarität die Schwachstelle sind.

Es wird Zeit, das umzukehren. Und neben einer auf Solidarität und sozialem Miteinander aufbauenden politischen Haltung und Gestaltungswillen, braucht es flankierend eine freie, unabhängige und starke Kulturlandschaft. Nur wenn sie außerhalb dieses auf Nützlichkeit pochenden Systems bestehen dürfen, können Kunst und Kultur Veränderbarkeiten aufzeigen. Das ist ihr politisch-gesellschaftlicher Auftrag, und meiner ist es, auf jede Weise ihr die nötigen Möglichkeiten zu geben, diesen auch zu erfüllen. Mit dem nötigen Sachverstand, Empathie, Erfahrung sowie mit einem umfangreichen, interdiszipliänren Netzwerk möchte ich für eine kulturoffene, kulturaffine und kulturfreundlichere Bundespolitik kämpfen.

Kunst und Kultur sind für mich mehr als nur Theater, Musik und Malerei, mehr als Architektur, als Literatur, mehr als Zirkus, Kunsthandwerk und Musical, mehr als Tanz und Puppenspiel, mehr als Fotografie, als Ästhetik, Shakespeare und Schiller, als Film und Schaustellertum, als Poesie, Comics, Synchronsprechen, Pantomime … Kunst und Kultur verbinden für mich das Fremde mit dem Bekannten. Sie zeigen uns wer wir sind, wer wir sein könnten, wer wir nicht sein wollen. Kunst und Kultur sind für mich Ausdruck eines Traums und sein Zerbrechen an der Wirklichkeit. Dadurch werden Kunst und Kultur zum Gradmesser unserer Gegenwart. Gleichzeitig lassen Kunst und Kultur die Zeit für einen Moment stillstehen, lassen uns innehalten. Sie lassen uns für einen Moment raus aus den Nützlichkeits-Anforderung unseres Alltags. Kunst und Kultur sprechen so viele Sprachen, haben so vielen Gesichter, sind bunt und voll von Geschichten. Geschichten, die die Menschen verbinden, die unsere Erfahrungen und unsere Kritik an den Verhältnissen kollektiv teilbar werden lassen. Kunst und Kultur aktivieren und laden zum Mitmachen und zum Teilhaben ein.

Hier werden alle ausgequetscht wie Zitronen, sagt Hubert Eckart von der Theatertechnischen Gesellschaft in der FAZ. Und ich bemerkte über die Berufsjahre am Theater, wie aus Worten Hülsen wurden, künstlerische Inhalte zu Hüllen verkümmerten. Hieß es doch plötzlich, Theater müsse gesellschaftsrelevant sein. Aber Kunst ist gesellschaftsrelevant, das muss man doch nicht betonen. Doch man musste es, weil Inhalte allein nicht mehr ausreichten, Publikum zu generieren. Aus einer gewissen Verzweiflung heraus beschrieb ein befreundeter Kollege es mal so: im Publikum herrscht die Trägheit der Herzen. Anpassung an eine neue Zeit bedeutete also, gesellschaftliche Relevanz muss behauptet und plakatiert werden, um die eigene Position zu legitimieren. Es veränderten sich die Verhältnisse in kürzester Zeit, die Ausgangsgründe Kunst zu schaffen, die Mentalität: Theater musste sich verkaufen. Quoten mussten erfüllt werden. Das führte zu erheblichem Stress innerhalb der Häuser, die doch frei sein, die Kritik an der herrschenden Verhältnissen leisten sollten. Diese Diskrepanz zwischen vernachlässigten Inhalten und dem reinen aus wirtschaftlicher Not heraus geborenem Performen von Relevanz führte mir schmerzlich vor Augen, wie stark sich neoliberale Ideologie in Herz und Verstand unserer Gesellschaft eingenistet haben. Und es wurde konkret, Personal wurde abgebaut, Produktionsdichten erhöht. Die Nachfrage an begehrten Stellen wuchs über die tatsächlichen Angebote. Die Abhängigkeiten von künstlerisch Beschäftigten führte vermehrt zu Machtmissbrauch, zu miserabler und den sozialen Standards der Gegenwart völlig unterbietenden Bezahlung und über allem schwebt die Angst vor der Nicht-Verlängerung. Angesichts inhaltlicher Leerstellen, wird das ausbeuterische Konstrukt spürbar. Das, was auf der Bühne gepredigt wird, wird Bigotterie, wenn die kritisierten Verhältnisse hinter der Bühne Alltag geworden sind. Und hier Bedarf es politischer Verantwortung, Solidarität, Empathie und Unterstützung.