Um die Kulturlandschaft in unserem Land nachhaltig zu schützen und zu fördern, braucht es nicht nur zwingend strukturelle, finanzielle und personelle Verbesserungen. Es braucht auch die politische Wahrnehmung und Wertschätzung für all jene, die als Künstler*innen und Kulturschaffende in unserem Land mit aller Leidenschaft, Power, sich mit Leib und Seele für ein buntes, vielfältiges und kulturvolles Leben einsetzend, tagtäglich Kinder zum Lachen, Erwachsene zum Staunen und somit die Menschen zueinander bringen. Und ich sag es einmal ganz simpel: um z.B. Theater zu machen, braucht es mindestens zwei: einer, der spielt und einer, der zuschaut … Kunst und Kultur beleben ihre Umgebung, machen Standorte attraktiv, steigern das gesellschaftliche Lebensgefühl.
Ohne Kunst würde es still.
Kooperativer Kulturföderalismus statt Kooperationsverbot. Ich setze mich dafür ein, dass die Förderung und der Schutz von Kunst und Kultur als Staatsziel grundgesetzlich verankert wird und zur Gemeinschaftsaufgabe wird.
Jedem Kind, jedem Jugendlichen, jedem Erwachsen muss die Möglichkeit gegeben sein, unabhängig vom Geldbeutel und vom Wohnort, gleichberechtigt an allen Formen von Kulturangeboten und Kulturleben, ob aktiv oder passiv, teilhaben zu können.
Die sozialen und gesellschaftlich genormten Standards finden sich in der Grundabsicherung für unstetig Beschäftigte, Freischaffende und Soloselbständige nicht annähernd wieder. Deshalb fordern wir die Einbeziehung aller in die gesetzlichen Sozialsicherungssysteme (Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosen-versicherung).
Die Entlohnung im Kulturbereich darf nicht aufgrund des Geschlechts, der Herkunft, der Klasse oder Hautfarbe unterschiedlich ausfallen.
Ob Freischaffender, ob Soloselbstständiger, oder Festangestellte: die Arbeits-bedingungen sind für viele prekär. Ob Schauspieler*innen, Musikschullehrer*innen, Schriftsteller*innen oder Fotograf*in … Ich stehe mit voller Solidarität an der Seite von Gewerkschaften, Interessen-vertretungen und Vereinen, um ihnen Gehör zu verschaffen und um die Arbeitsbedingungen langfristig und den allgemeinen sozialen Standards angepasst deutlich zu verbessern. Kulturbetriebe dürfen durchaus attraktive Arbeitgeber sein ;).
Bisher ist die Kulturpolitik auf Bundesebene dem Kanzleramt zugeordnet und hat somit keinen eigenen Vertreter auf Minister-Ebene am Kabinettstisch der Bundesregierung. Um jedoch wirksamer für die Belange der Kultur gegenüber anderen Ressorts sowie auf europäischer Ebene einzutreten und streiten zu können, braucht es ein Bundeskulturministerium.
Die Bundeskulturförderung muss nachhaltiger, prozesshafter, unbürokratischer und weniger projektorientiert gestaltet werden. Insbesondere im ländlichen Raum braucht es neben der Projektförderung langfristige Basisförder-programme, um nachhaltig Strukturen zu erhalten und die kontinuierliche Arbeit der Kulturschaffenden und Vereine zu sichern.
Unsere bunte, internationale und für Offenheit und Toleranz eintretende Kulturlandschaft muss vor rechten Attacken wirkungsvoll geschützt werden. Auch muss der von der AfD künstlich herbeigezüchtete „Kulturkampf“ mit aller Entschiedenheit zurückgewiesen werden.
Jeglicher Art von Diskriminierung im Kulturbereich sollte vorgebeugt und Betroffene umfassend geschützt werden. Der Grat zwischen Befindlichkeit und echter Verletzung ist schmal, schon allein, weil Diskriminierung selbst oft Gegenstand künstlerischer Auseinander-setzung ist. Es braucht hierfür ausreichend finanzierte und öffentlich geförderte Anlaufstellen mit psychologisch geschultem Personal.
Die Kommunen müssen ausreichend Mittel erhalten, damit sie ihren Aufgaben in der Kulturpflege und Kultur-förderung nachkommen können.
Es braucht der Gegenwart angepasste aber ausbalancierte Strukturen in den Kulturbetrieben: z.B. das Leitungskollektiv-Modell, mehr Mitbestimmungsrecht der Ensembles, mehr Transparenz in der Vergabe von Leitungsposten. Möglichem Machtmissbrauch muss auch auf diesem Wege begegnet werden. Es braucht wirksame Instrumente, um strukturelle Probleme aufzudecken und zu minimieren.
Kulturelle Bildung schafft Zugänge zu Kunst und Kultur, um Menschen eine kreative Auseinandersetzung mit sich und ihrer Umgebung zu ermöglichen. Orte kultureller Bildung dienen deshalb als Räume der Selbstbildung, der Selbst-ermächtigung und müssen gestärkt sowie nachhaltig gefördert werden.
Sozio-kulturelle Vereine sind insbesondere im ländlichen Raum von großer Bedeutung. Sie verbinden Kreativität mit sozialem Miteinander und stärken somit das Gemeinwesen. Sie müssen durch die Kommunen ausreichend und langfristig erhalten, geschützt sowie gefördert werden.
Theater müssen als Arbeitgeber attraktiver werden: Stetiger Abbau von Personal, Erhöhung der Produktionsdichten, Auslastungsdruck, schlechte Bezahlung, Arbeitszeiten, Residenzpflicht und wenig Mitbestimmungsrechte führen in die falsche Richtung. An der Seite von GdBA und ensemble.netzwerk müssen wir für faire Arbeitsbedingungen und eine quotenbedingte Entlastung der Theaterbetriebe sorgen.
Jede geschlossene Bibliothek ist ein herber und nicht hinnehmbarer Verlust. Gerade im ländlichen Raum brauchen wir gut ausgestattete und dem digitalen Zeitalter angepasste Bibliotheken.
Es braucht verbindliche Mindeststandards der Honorierung in der freien Kunst- und Kulturarbeit, branchenspezifische Honoraruntergrenzen und eine rechtlich abgesicherte Ausstellungsvergütung für bildende Künstler*innen. Die Verhandlungsposition von Kreativen muss im Urhebervertragsrecht gestärkt und ihre Mitbestimmungsrechte müssen gegenüber Verwertungsgesellschaften ausgebaut werden.
Clubkultur ist ein wichtiger und wertvoller Teil unserer Kultur, Freiräume, in denen Menschen Musik genießen, tanzen und feiern können. Deshalb wollen wir die Club- und Festivalkultur fördern und erhalten.
Für viele freie Kulturschaffende ist die Zeit, die sie mit dem Ausfüllen von Anträgen verbringen oder allein schon die Zeit, die es braucht um im Förderdschungel und seinen Richtlinien durchzublicken, Zeit, die ihnen für die Kulturarbeit fehlt. Hier bedarf es einer grundsätzlichen Vereinfachung und Flexibilisierung, damit das Zwei-Klassen-Prinzip zwischen projektorientierter und institutionalisierter Förderung beendet werden kann. Freie Szene und Kulturinstitutionen dürfen sich nicht gegeneinander ausspielen lassen.
Bei der Anpassung an klimaneutrale Anforderungen brauchen Kulturbetriebe Beratung, Unterstützung und finanzielle Unterstützung. Auch hier müssen klimafreundliche Veränderungen Einzug halten.
Ob Heimat- oder Sportverein – Kultur hört nicht beim geschriebenen, gesprochenen oder gesungenen Wort auf. Kultur ist die Pflege des Miteinanders und deshalb braucht das Vereinsleben die nötige Ausstattung und eine langfristige Sicherung. Für das Leben im ländlichen Raum sind sie unabdingbar.
Der Förderung von genossenschaftlich organisierten Kulturbetrieben sollte als zukünftiges Modell insbesondere für den ländlichen Raum weiter gedacht und ausgebaut werden.
Kultur ist so unendlich vielseitig. Sprecht mich gerne an, wenn etwas fehlt, wenn ihr Fragen habt ...
Kunst und Kultur sind für mich mehr als nur Theater, Musik und Malerei, mehr als Architektur, als Literatur, mehr als Zirkus, Kunsthandwerk und Musical, mehr als Tanz und Puppenspiel, mehr als Fotografie, als Ästhetik, Shakespeare und Schiller, als Film und Schaustellertum, als Poesie, Comics, Synchronsprechen, Pantomime …
Kunst und Kultur verbinden für mich das Fremde mit dem Bekannten. Sie zeigen uns, wer wir sind, wer wir sein könnten, wer wir nicht sein wollen. Kunst und Kultur sind für mich Ausdruck eines Traums und sein Zerbrechen an der Wirklichkeit. Dadurch werden Kunst und Kultur zum Gradmesser unserer Gegenwart. Gleichzeitig lassen Kunst und Kultur die Zeit für einen Moment stillstehen, lassen uns innehalten. Sie entlassen uns für einen Moment von den Nützlichkeitsanforderung unseres Alltags. Kunst und Kultur sprechen so viele Sprachen, haben so vielen Gesichter, sind bunt und voll von Geschichten. Geschichten, die die Menschen verbinden, die unsere Erfahrungen und unsere Kritik an den Verhältnissen kollektiv teilbar werden lassen. Kunst und Kultur aktivieren und laden zum Mitmachen und zum Teilhaben ein.
Hier werden alle ausgequetscht wie Zitronen, sagt Hubert Eckart von der Theatertechnischen Gesellschaft in der FAZ. Und ich bemerkte über die Berufsjahre am Theater, wie aus Worten Hülsen wurden, künstlerische Inhalte zu Hüllen verkümmerten. Hieß es doch plötzlich, Theater müsse gesellschaftsrelevant sein. Aber Kunst ist gesellschaftsrelevant, das muss man doch nicht betonen. Doch man musste es, weil Inhalte allein nicht mehr ausreichten, Publikum zu generieren. Aus einer gewissen Verzweiflung heraus beschrieb ein befreundeter Kollege es einmal so: im Publikum herrscht die Trägheit der Herzen. Anpassung an eine neue Zeit bedeutete also, gesellschaftliche Relevanz plakativ zu behaupteten, um die eigene Position zu legitimieren. Es veränderten sich die Verhältnisse in kürzester Zeit, die Ausgangsgründe Kunst zu schaffen, die Mentalität: Theater musste sich verkaufen. Quoten mussten erfüllt werden. Das führte zu erheblichem Stress innerhalb der Häuser, die doch frei sein, die Kritik an der herrschenden Verhältnissen leisten sollten. Diese Diskrepanz zwischen vernachlässigten Inhalten und dem reinen aus wirtschaftlicher Not heraus geborenem Performen von Relevanz führte mir schmerzlich vor Augen, wie stark sich eine neoliberale Ideologie in Herz und Verstand unserer Gesellschaft eingenistet haben. Und es wurde konkret, Personal wurde abgebaut, Produktionsdichten erhöht. Die Nachfrage an begehrten Stellen wuchs über die tatsächlichen Angebote. Die Abhängigkeiten von künstlerisch Beschäftigten führte vermehrt zu Machtmissbrauch, zu einer miserablen und die sozialen Standards der Gegenwart völlig unterbietenden Bezahlung und über allem schwebt die Angst vor der Nicht-Verlängerung. Angesichts inhaltlicher Leerstellen, wird das ausbeuterische Konstrukt spürbar. Das, was auf der Bühne gepredigt wird, wird Bigotterie, wenn die kritisierten Verhältnisse hinter der Bühne Alltag geworden sind.
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